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Hannah Perry

Rage Fluids
In „Rage Fluids“ (Verflüssigungen von Zorn), ihrer ersten institutionellen Einzelausstellung, setzt sich die britische Künstlerin Hannah Perry mit der Verarbeitung von Schmerz und Verlust, aber auch von Euphorie und Ekstase vor dem Hintergrund aktueller Formen der Kommunikation und tradierter Geschlechtervorstellungen auseinander. Perry zählt zu einer Generation junger Künstlerinnen und Künstler, deren Sozialisation mit den technologischen Entwicklungen und digitalen Medien sich in der künstlerischen Praxis niederschlägt. Ihre Arbeiten entstehen aus Bruchteilen unmittelbarer, selbst erlebter Ereignisse, registriert von der Kamera ihres iPhones oder festgehalten durch rasch eingetippte Texte. Die Künstlerin nutzt diese Aufzeichnungen als Rohmaterial, um sie mit eigenen Gedanken und Empfindungen im Spannungsfeld zwischen Begehren und Wut, sowie zwischen eigenen Bedürfnissen und als überholt empfundenen Konventionen weiter zu bearbeiten. Für „Rage Fluids“ hat Perry einen umfangreichen Parcours aus eigens für die Ausstellung angefertigten Neuproduktionen entwickelt: In der zentralen Ausstellungshalle präsentiert sie eine raumgreifende, schwebende Installation, deren reflektierender Folienüberzug vom Bass der Lautsprecher in Vibration versetzt und so zum soundmächtigen Gegenüber wird. Die Arbeit basiert auf einem technischen Verfahren, das Perry bereits 2014 in ihrer in der Abschlussausstellung an den Royal Academy Schools in London gezeigten Wandarbeit „Feeling it“ einsetzte und in der Folgezeit auf freistehende Skulpturen übertrug. Raumfüllend eingenommen wird auch die Apsis im Künstlerhaus: In einem dort gezeigten, von Perry jüngst fertiggestellten 360°-Film können die Betrachterinnen und Betrachter zwischen schwebende und fließende Körperteile unterschiedlicher Geschlechter eintauchen. Das Voiceover reflektiert die Veränderungen des Selbst nach einer traumatischen Erfahrung, die Reaktionen darauf – wie Trauer und Wut – sowie unterschiedliche Bewältigungsstrategien. Satzteile und Wortfetzen aus dem 360°-Film finden sich in Perrys Druckarbeiten, gezeigt im Seitenraum der Ausstellungshalle, wieder. Auf den Aluminiumtafeln überlagern sich Siebdrucke mit Ausschnitten aus dem Bildarchiv der Künstlerin – etwa von aufgerissenen Mündern oder demolierten Fahrzeugen – mit schnell hingeworfenen Farbspuren, rasch aufgeklebte Folien wurden teilweise ruckartig wieder entfernt. In der für die Eröffnung der Ausstellung von Perry zusammen mit Tänzerinnen und Tänzern konzipierten Performance wird die Spannung von Anziehung und Abstoßung, von Subjekt und Masse, von Schockstarre und Zorn abermals aufgegriffen. „Rage Fluids“ reflektiert persönliche Erfahrungen in unterschiedlichen Medien und setzt diese insbesondere zu klischeebehafteten Vorstellungen von Männlichkeit in Beziehung. Die Arbeiten tragen emotionale Reaktionen nicht nur in unterschiedlichen Intensitäten nach Außen, sondern erzeugen diese auch bei den Betrachterinnen und Betrachtern. Insbesondere die installativen Arbeiten in der Ausstellung greifen auf den Körper über, gehen mitunter über die Beeinflussung der sensorischen Wahrnehmung hinaus. Hannah Perry arbeitet sich ab an den alltäglichen Herausforderungen zwischen „echtem Leben“ und der Repräsentation von Eindrücken und Emotionen über die unterschiedlichen, nach Außen gerichteten Kanäle.

Hannah Perry (*1984 Chester) lebt und arbeitet in London. Sie studierte in London am Goldsmiths College (BA 2009) und an den Royal Academy Schools (Abschluss 2014). Einzelausstellungen u.a.: “Viruses Worth Spreading”, Arsenal Contemporary, New York (2017); “100 Problems”, CFA, Berlin (2016); “Mercury Retrograde”, Seventeen, London (2015); “You’re gonna be great”, Jeanine Hofland, Amsterdam (2015); “Hannah Perry”, Zabludowicz Collection, London (2012). Group exhibitions i.a.: “I feel we think bad”, Arsenal Contemporary, Montreal (2016); “Private Settings: Art After the Internet”, MOMA Warsaw (2014); “New Order II”, Saatchi Gallery, London (2014); “Stedelijk at Trouw: Contemporary Art Club – DATA”, Stedelijk Museum, Amsterdam (2013). Performances u.a. in der Serpentine Gallery, London (2014); Barbican Gallery, London (2013); V22, London (2012).


Eröffnung & Performance:
29.06.2018, 18 Uhr

Kurator: Jürgen Dehm

Dank an: British Council

Veranstaltungen

30 06 2018, 12:00 Talk
Hannah Perry & Jürgen Dehm

19 07 2018, 18:00 Lecture
Paul Feigelfeld, Medientheoretiker, TBA21-Academy, London

09 08 2018, 18:00 Lecture
Andrea Schmidbauer, Direktorin (Arnold Schwarzenegger Museum, Thal)
Termine
Eröffnung 29. Juni 2018, 18:00 Uhr
30. Juni 2018, 10:00 - 18:00 Uhr
1. - 31. Juli 2018, Di. - So. 10:00 - 18:00 Uhr, Do. 10:00 - 20:00 Uhr
1. - 26. August 2018, Di. - So. 10:00 - 18:00 Uhr, Do. 10:00 - 20:00 Uhr
Weitere Informationen
(c) Foto: Hannah Perry, Liquid Language (Detail), 2018
Siebdruck, Digitaldruck, Autofolie, Autolack, courtesy die Künstlerin
Veranstaltungsort/Treffpunkt