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Faust :: Mein Brustkorb : Mein Helm

Von Werner Schwab.
Am Anfang steht ein altbekanntes Bild: Ein Studierzimmer und darin Faust, der hadert und zweifelt. Doch Faust beklagt nicht – wie bei Goethe – das Versagen allen Wissens, sondern gänzlich allen Sinns. Die Welt ist nicht zu ertragen. Unter Alkohol und wahnhaftem Neuordnen seiner Bücher bleibt alles Kopfgeburt: Der Osterspaziergang ist in eine Diskothek verlegt und doch verlässt Faust nie seine Studierstube, Mephisto wird als „flammendes Ebenbild“ im Spiegel erschaffen, in Auerbachs Keller findet sich eine saufende und musizierende Schattengesellschaft, Margarethe begegnet ihm vor einer Telefonzelle und Valentin entpuppt sich als Rivale um ihre Gunst. Auf der Walpurgisnacht-Party altert Faust rapide, zugleich ist aber auch der junge Faust anwesend. Es kommt zu Sex und Gewalt. Drei Tote sind das Resultat – und ein alter Faust, der „irrsinnig“ lachend das Schlachtfeld seiner Imagination betrachtet.

Werner Schwabs sprachgewaltige Faust-Paraphrase wurde erst nach seinem frühen Tod 1994 posthum veröffentlicht und zählt zu den sogenannten Coverdramen. Goethes Text dient ihm dabei genauso als Material, das es zu gestalten gilt, wie Sprache an sich. „Ich behandle Sprache wie ein Bildhauer. Egal ob’s Gold oder Dreck ist, man untersucht den Stoff, mit dem man herumspielt.“ (Schwab) In diesem Sinn greift er Motive aus Goethes Faust heraus, kleidet sie in bestes Schwabisch – seinen einzigarten „Sprachhund“ – und schafft damit, in den Worten der Lustigen Person von Goethes Faust, „in bunten Bildern wenig Klarheit“.

Regisseurin Claudia Bauer, die in der Spielzeit 2015.2016 einen expressiv-komödiantischen „Volpone“ von Ben Jonson im Schauspielhaus inszenierte, beschäftigt sich seit längerem sowohl mit dem „Faust“-Stoff als auch mit Werner Schwab. Ihre kräftige Regiehandschrift, mit der sie den Kern der Stoffe herausschält, ist durch Verfremdung und Überzeichnung unter Einsatz vielfältiger Theatermittel gekennzeichnet. Ihre Inszenierung von „89/ 90“ nach dem Roman von Peter Richter, die sie am Schauspiel Leipzig herausbrachte, ist eine der zehn bemerkenswertesten deutschsprachigen Inszenierungen der Saison beim Berliner Theatertreffen 2017.

BESETZUNG

REGIE Claudia Bauer
BÜHNE Patricia Talacko
KOSTÜME Dirk Thiele
VIDEO OchoReSotto
LICHT Viktor Fellegi
DRAMATURGIE Elisabeth Geyer

Es spielen:
DER JÜNGERE FAUST Florian Köhler
MEPHISTO Benedikt Greiner
MARGARETHE Henriette Blumenau
FAMULUS WAGNER Fredrik Jan Hofmann
MARTHE SCHWERDTLEIN Julia Gräfner
VALENTIN Raphael Muff
UND: DER ALTE FAUST Florian Köhler
SOUFFLEUSE Rosemarie Brenner
LIVE-KAMERA Markus Schinnerl
Termine
Premiere 29. September 2017, 19:30 Uhr
3., 4., 11., 13., 14. Oktober 2017, 19:30 Uhr
2., 24. November 2017, 19:30 Uhr
9. Dezember 2017, 19:30 Uhr
16. Jänner 2018, 19:30 Uhr
4. April 2018, 19:30 Uhr
Weitere Informationen
(c) Foto: Lupi Spuma
Veranstaltungsort/Treffpunkt